Montag, 20. Januar 2014

Outback



19.01.

Ich bin angekommen. Ich glaube der Zug hat in Torrens Creek  (24 Einwohner) nur gehalten, weil ich dort hin wollte. Jeder Bedienstete im Zug wußte Bescheid und irgendwann kam der Schaffner zu mir und meinte, ich könne mich schon mal fertig machen, 10 Minuten  später holte er mich ab und geleitete mich zur Tür. Bevor der Zug überhaupt zum Stehen gekommen war, stand ein anderer schon mit meinem Gepäck am Bahnsteig und unterhielt sich mit meinem neuen Gastgeber Peter.  Keine Ahnung wie das möglich war.  Zu aller Verwunderung, dass ich auf eine Farm zum Arbeiten gehe, stieg ich in meinem schicken hellen Sommerkleidchen und meinen hübschen Sandaletten, die perfekt  french-manikürte Füße zeigten, aus und in das total verwahrloste schmutzige Farm-Auto von Peter. lol




Jetzt bin ich hier und liege in meinem Wohnwagen, mitten in der Wildnis, höre die Grillen zirpsen, sehe den Mond und einen Sternenhimmel, wie es ihn sonst wohl nirgends gibt.  Es ist heftiger als ich erwartet habe, muß ich zugeben, und ich bin froh, dass ich mir die letzte Nacht nochmal im Holiday Inn gegönnt habe.  Mein erster Gedanke war, „das schaffe ich keine  2 Wochen“, aber mal abwarten.  Morgen werde ich meinen Wohnwagen nochmal selbst putzen und dann sieht vielleicht schon alles wieder anders aus.

Julia Park Station, mein neues Zuhause,  ist  75.000 acre groß und hat 2.500 Rinder, von dieser Sorte - Brahman,


50 Pferde und zu meinem Entsetzen 7 Hunde.  Das nächste Geschäft ist  160 km entfernt und ich glaube nicht, dass das ein großer Supermarkt ist.  


Jetzt weiß ich auch, warum jeder Farmer der mich angerufen hat gleich die Frage „You aren´t vegetarian, are you?“ gestellt hat.  Ein Vegetarier ist der Albtraum eines jeden Outback-Farmers.  Hier gibt es Fleisch, Fleisch und nochmal Fleisch.  Als ich auf der letzten Farm ankam, gab es abends auch eine riesige  Platte voll gehäuft mit Steaks. Da wir nur zu 4 waren dachte ich, oh, Lexie hat für die ganze Woche vorgekocht…, aber es war nur für diesen Abend.

Ann, die Frau des Hauses hier, hatte einen Pferde-Unfall. Sie lag 2 Monate im Koma, und weitere 10 im Krankenhaus. Sie sitzt im Rollstuhl und ich bin schon jetzt total beeindruckt von ihr, wie sie alles meistert und wie nett und positiv sie ist.

Das ist übrigens einer der Frösche, die in unserer Küche rumhüpfen.

Jetzt muß ich mal schnell schlafen, denn der Tag beginnt hier um 5.00 Uhr.  Und ich muß morgen lernen, wie man mit einem Offroad-Bike durch den Busch düst und die Rinder zusammentreibt.


 

21.01.14

Ich habe mich eingelebt und ich glaube Pete ist ganz schön am Staunen. Nachdem ich meinen Wohnwagen  geputzt habe (Ann hat mir gesagt, dass er seit 2 Jahren nicht mehr sauber gemacht wurde) fühle ich mich ganz wohl. Und wenn ich, wie heute morgen mit meinem Bike über die rote Erde düse, dem Sonnenaufgang entgegen und die Kangaroos hüpfen vor mir über den Weg, dann denke ich nur „Wow…“. 

Hygiene, Luxus, Zeit, alles bekommt hier eine andere Dimension.  

Das Wasser wird aus dem vertrockneten Flußbett des Torrens Creek (Foto) oder Wasserlöchern gepumpt und ist etwas braun. 

Trinken tun wir Regenwasser, aber geregnet hat es schon ewig nicht mehr.  Morgen werden es über 40 Grad. Wir mustern und brandmarken morgen 400 Rinder. Daher geht es schon um 4.30 Uhr früh los. Es kommt eine Frau aus Charters Tower (dem Ort 160 km entfernt) zum Helfen, ich habe mir bei ihr ein paar Flaschen Sprudelwasser bestellt.  Das ist jetzt mein absoluter Luxus. 

Gestern habe ich ungefähr 6 km Stacheldrahtzaun angebracht. Heute nacht sind die Pferde durch den neuen Zaun gerannt, haben einen  Teil niedergemacht und sich dabei auch noch verletzt.  Eine gestern installierte Pumpe ist kaputtgegangen und hat meine Toilette zum Übergelaufen gebracht. Das sind hier so die unerwarteten Ereignisse, die den Tagesablauf spontan verändern. 

Ich bin aufs Mustern morgen gespannt. Ich muß den Quad nehmen, ich traue mir nicht zu, mit dem Bike durch den Busch (Foto rechts und links) zu fahren.



Das ist übrigens der Highway, auf 
dem LKWs das Land durchqueren.









Und das ist die Straße zu unserer Station.










Ich bin hier entweder mit dem Bike oder einem der vielen Farm-Autos unterwegs.


















Mustering


4.00 Uhr aufstehen ist z. Z. die Regel. Um diese Zeit ist es noch nicht so heiß und eignet sich daher für die hiesigen Arbeiten. 






Gestern haben wir einen Teil der Herde zusammengetrieben, 12 km zur Musteranlage gebracht und in verschiedene Kategorien sortiert. Das hat super Spaß gemacht.  Ich war jedoch  total entsetzt als ich hörte, dass nicht nur gebrandmarkt wird sondern auch kastriert. 



Nach dem Eintreiben war es mein Job, oben auf einer erhöhten Plattform das Tor für die Kühe zum Schlachter zu öffnen. :-(



















Heute morgen haben wir nun 150 Kälber kastriert, gebrandmarkt und die Hörner abgeschnitten. Ich habe mich gut gehalten, denn es war gar nicht so schlimm wie ich erwartet habe und ging ratz fatz. Männer sollten mir jetzt besser nicht mehr blöd kommen.  lach

Nachdem wir gestern befürchtet hatten, 12 Kühe verloren zu  haben, haben diese alle überlebt, jedoch haben wir heute leider doch noch eine verloren. Hier wächst ein giftiger Busch. Aufgrund der katastrophalen Dürre fressen die Kühe von dem verlockend grünen Busch, wenn sie sich dann aufregen oder wie gestern 12 km laufen müssen, gelangt das Gift verstärkt in den Blutkreislauf, die Kuh legt sich hin und schafft es oder stirbt. Gestern hatten sich 12 hingelegt, aber alle haben es  geschafft.  

Am mittag hat mich Pete leider nicht zum Mustern mitgenommen. Sein Schwager hat ihm gestern gesagt, dass er mich doch nicht mehr als 6 Stunden arbeiten lassen darf. Bisher war es immer mehr als das doppelte.  Wir arbeiten bis es dunkel wird.


Hier kann man sonst auch nichts anderes tun, außer z. B. verstopfte Abflüsse zu reparieren, weil das Pferd die Abwasserleitung freigefressen hat und drauf getreten ist. Das macht mir nun ja überhaupt keinen Spaß.  Ich könnte ja mal anfangen, die Ruhe zu finden, die ich hier suchen wollte.  

 

Buschfeuer


Ich bekomme hier das volle Programm geboten. Wir haben ein Buschfeuer!

Die 2. Frage eines Farmers ist in der Regel „Are you smoking“. Auch das ist ein Albtraum für einen Farmer, aufgrund des Feuerrisikos.  Heute war es aber wohl der Blitz, der hier ins absolut  vertrocknete Buschland eingeschlagen hat.  Was für eine Aufregung. Ich habe meinen Wohnwagen dicht gemacht, meine wichtigen Habseligkeiten in die Dusche gestellt und wir haben Sandwiches vorbereitet für die Nacht. 

Dummerweise haben wir auch nur noch in einem Auto Benzin. Mit dem Quad bin ich heute auch schon in der Prärie liegengeblieben. Am Dienstag fahren wir in die Stadt – 160 km – um Benzin zu holen.





Aber dem Blitz und Donner folgte der langersehnte Regen, der das Feuer erstmal etwas in Schach hält. Die Leute sind sich hier komplett selbst überlassen, es kommt keine Feuerwehr, aber alle Nachbarn helfen sich und die Buschtrommel funktioniert einwandfrei  in so einem Fall.  Die Leute hier sehen das gelassen. Es gehört zu ihrem Leben, aber ich bin von dieser Aufregung nun fix und fertig und gehe ins Bett.

Zwei Tage sind nun um, und trotz Regen brennt das Feuer immer noch.  Gestern abend haben sich wieder die Nachbarn getroffen und wir hatten uns darauf eingestellt, dass wir die ganze Nacht Feuer bekämpfen, sind dann aber doch nach Einbruch der Dunkelheit wieder nach Hause, da es wohl durch die Feuchtigkeit ziemlich eingedämmt ist (3 x 8 km). 

Ich kenne nun hier bald alle Leute. 

Heute morgen werde ich wach und wir haben aufgrund des Sturmes keinen Stron mehr.  Kein Strom bedeutet auch kein Telefon, jetzt können wir nicht mal mehr die Neuigkeiten wegen dem Feuer kommunizieren.  Es ist ein Zyklon angekündigt. D. h. es kommt noch schlimmer.


Es ist schon alles sehr aufregend hier und man ist wirklich weg und abgeschnitten von der Welt.  Wenn ich hier leben müßte, würde ich den Pub in dem 24-Einwohner Ort übernehmen und daraus eine Perle für die Gegend und Touristen machen. lol




Das Buschfeuer ist gelöscht, die Herde ist wieder verteilt. 


Das letzte mal, dass ich ein Gate von Julia Park schließe. 

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