19.01.
Ich bin angekommen. Ich glaube der Zug hat in Torrens Creek
(24 Einwohner) nur gehalten, weil ich dort hin
wollte. Jeder Bedienstete im Zug wußte Bescheid und irgendwann kam der
Schaffner zu mir und meinte, ich könne mich schon mal fertig machen, 10 Minuten
später holte er mich ab und geleitete
mich zur Tür. Bevor der Zug überhaupt zum Stehen gekommen war, stand ein
anderer schon mit meinem Gepäck am Bahnsteig und unterhielt sich mit meinem
neuen Gastgeber Peter.
Keine Ahnung wie
das möglich war.
Zu aller Verwunderung,
dass ich auf eine Farm zum Arbeiten gehe, stieg ich in meinem schicken hellen Sommerkleidchen
und meinen hübschen Sandaletten, die perfekt
french-manikürte Füße zeigten, aus und in das
total verwahrloste schmutzige Farm-Auto von Peter. lol
Jetzt bin ich hier und liege in meinem Wohnwagen, mitten
in der Wildnis, höre die Grillen zirpsen, sehe den Mond und einen
Sternenhimmel, wie es ihn sonst wohl nirgends gibt.
Es ist heftiger als ich erwartet habe, muß ich
zugeben, und ich bin froh, dass ich mir die letzte Nacht nochmal im Holiday Inn
gegönnt habe.
Mein erster Gedanke war, „das
schaffe ich keine
2 Wochen“, aber mal
abwarten.
Morgen werde ich meinen
Wohnwagen nochmal selbst putzen und dann sieht vielleicht schon alles wieder
anders aus.
Julia Park Station, mein neues Zuhause,
ist
75.000 acre groß und hat 2.500 Rinder, von dieser Sorte - Brahman,
50 Pferde und zu meinem Entsetzen
7 Hunde.
Das nächste Geschäft ist
160 km entfernt und ich glaube nicht, dass
das ein großer Supermarkt ist.
Jetzt
weiß ich auch, warum jeder Farmer der mich angerufen hat gleich die Frage „You
aren´t vegetarian, are you?“ gestellt hat.
Ein Vegetarier ist der Albtraum eines jeden Outback-Farmers.
Hier gibt es Fleisch, Fleisch und nochmal
Fleisch.
Als ich auf der letzten Farm
ankam, gab es abends auch eine riesige
Platte voll gehäuft mit Steaks. Da wir nur zu 4 waren dachte ich, oh,
Lexie hat für die ganze Woche vorgekocht…, aber es war nur für diesen Abend.
Ann, die Frau des Hauses hier, hatte einen Pferde-Unfall.
Sie lag 2 Monate im Koma, und weitere 10 im Krankenhaus. Sie sitzt im Rollstuhl
und ich bin schon jetzt total beeindruckt von ihr, wie sie alles meistert und
wie nett und positiv sie ist.
Das ist übrigens einer der Frösche, die in unserer Küche rumhüpfen.
Jetzt muß ich mal schnell schlafen, denn der Tag beginnt
hier um 5.00 Uhr.
Und ich muß morgen
lernen, wie man mit einem Offroad-Bike durch den Busch düst und die Rinder
zusammentreibt.
21.01.14
Ich habe mich eingelebt und ich glaube Pete ist ganz schön am Staunen.
Nachdem ich meinen Wohnwagen geputzt habe (Ann hat mir gesagt, dass er seit
2 Jahren nicht mehr sauber gemacht wurde) fühle ich mich ganz wohl. Und wenn
ich, wie heute morgen mit meinem Bike über die rote Erde düse, dem
Sonnenaufgang entgegen und die Kangaroos hüpfen vor mir über den Weg, dann
denke ich nur „Wow…“.
Hygiene, Luxus, Zeit, alles bekommt hier eine andere
Dimension.
![](https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh3A2kWR46rOBxdjWGHTpAPCOeJhxMLxz-o70N3mRHgHkQmKwsc7D9i1f4tFwSKniTqODYwUJ8TuIG2ShHKllF6dfuHJzTVVlhjUWVJhLnOau3H5qdXGxYxpdClnXtEGLs5SyuxGe0haSw/s1600/20140120_162731.jpg)
Das Wasser wird aus dem vertrockneten Flußbett
des Torrens Creek (Foto) oder Wasserlöchern gepumpt und ist etwas
braun.
Trinken tun wir Regenwasser, aber geregnet hat es schon ewig nicht
mehr. Morgen werden es über 40 Grad. Wir
mustern und brandmarken morgen 400 Rinder. Daher geht es schon um 4.30 Uhr früh
los. Es kommt eine Frau aus Charters Tower (dem Ort 160 km entfernt) zum Helfen,
ich habe mir bei ihr ein paar Flaschen Sprudelwasser bestellt. Das ist jetzt mein absoluter Luxus.
Gestern habe ich ungefähr 6 km Stacheldrahtzaun angebracht. Heute nacht sind die Pferde durch den neuen Zaun gerannt, haben einen Teil niedergemacht und sich dabei auch noch verletzt. Eine gestern installierte Pumpe ist
kaputtgegangen und hat meine Toilette zum Übergelaufen gebracht. Das sind hier so die unerwarteten Ereignisse, die den
Tagesablauf spontan verändern.
Ich bin aufs Mustern morgen gespannt. Ich muß den Quad
nehmen, ich traue mir nicht zu, mit dem Bike durch den Busch (Foto rechts und links) zu fahren.
Das ist übrigens der Highway, auf
dem LKWs das Land durchqueren.
![](https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjyXuQiGo2ZIEVjFrYYSTAr-2bwD8Q-nSFNAWglxauWyxm9gZyFy8M7BnJdyXCYMEmT8a-mZ3uJEWASIhQvNkWR0e36UhL4BBX3KUa_iGbxg4huWm6AgJUbCmjvOnnF__YcO81sDSlkTWo/s1600/20140120_162207.jpg)
Und das ist die Straße zu unserer Station.
![](https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgKzyOkqL9-giBlLvxbaWws4LAwzgYZ0nU-VeO72XLL2pFqtaOvudSiwIGg4gZ4ZAIhhktaq6L6udqwev4lXxxK8wV7audetVgWF8pFHhlbppY3eddIfK6AMGrDi7ahJW5VVDXYrik33zc/s1600/2014-01-21+10.56.37.png)
Ich bin hier entweder mit dem Bike oder einem der vielen Farm-Autos unterwegs.
Mustering
4.00 Uhr aufstehen ist z. Z. die
Regel. Um diese Zeit ist es noch nicht so heiß und eignet sich daher für die
hiesigen Arbeiten.
Gestern haben wir einen Teil der
Herde zusammengetrieben, 12 km zur Musteranlage gebracht und in verschiedene
Kategorien sortiert. Das hat super Spaß gemacht. Ich war jedoch total entsetzt als ich hörte, dass nicht nur
gebrandmarkt wird sondern auch kastriert.
Nach dem Eintreiben war es mein Job, oben auf einer erhöhten Plattform das Tor für die Kühe zum Schlachter zu öffnen. :-(
Heute morgen haben wir nun 150
Kälber kastriert, gebrandmarkt und die Hörner abgeschnitten. Ich habe mich gut
gehalten, denn es war gar nicht so schlimm wie ich erwartet habe und ging ratz
fatz. Männer sollten mir jetzt besser nicht mehr blöd kommen. lach
Nachdem wir gestern befürchtet
hatten, 12 Kühe verloren zu haben, haben
diese alle überlebt, jedoch haben wir heute leider doch noch eine verloren. Hier
wächst ein giftiger Busch. Aufgrund der katastrophalen Dürre fressen die Kühe
von dem verlockend grünen Busch, wenn sie sich dann aufregen oder wie gestern
12 km laufen müssen, gelangt das Gift verstärkt in den Blutkreislauf, die Kuh
legt sich hin und schafft es oder stirbt. Gestern hatten sich 12 hingelegt,
aber alle haben es geschafft.
Am mittag hat mich Pete leider
nicht zum Mustern mitgenommen. Sein Schwager hat ihm gestern gesagt, dass er
mich doch nicht mehr als 6 Stunden arbeiten lassen darf. Bisher war es immer mehr
als das doppelte. Wir arbeiten bis es dunkel wird.
Hier kann man sonst
auch nichts anderes tun, außer z. B. verstopfte Abflüsse zu reparieren, weil das
Pferd die Abwasserleitung freigefressen hat und drauf getreten ist. Das macht
mir nun ja überhaupt keinen Spaß. Ich
könnte ja mal anfangen, die Ruhe zu finden, die ich hier suchen wollte.
Buschfeuer
Ich bekomme hier das volle
Programm geboten. Wir haben ein Buschfeuer!
Die 2. Frage eines Farmers ist in
der Regel „Are you smoking“. Auch das ist ein Albtraum für einen Farmer, aufgrund
des Feuerrisikos. Heute war es aber wohl
der Blitz, der hier ins absolut
vertrocknete Buschland eingeschlagen hat. Was für eine Aufregung. Ich habe meinen
Wohnwagen dicht gemacht, meine wichtigen Habseligkeiten in die Dusche gestellt
und wir haben Sandwiches vorbereitet für die Nacht.
![](https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhXBe_hpNhgEnw7qWVgsH4EtKQ9CQeW1bObzY8fSOBhZjovP4AgbyhMPOGnune2viydKbN_sV5-E2vIMZimGQaRadVvnwyHaa4AJHWK-Gs1Z8ASpu-sAIw3wUPQETAqX_EPKCyQr4pXlXI/s1600/20140124_072858.jpg)
Dummerweise haben wir auch nur
noch in einem Auto Benzin. Mit dem Quad bin ich heute auch schon in der Prärie liegengeblieben.
Am Dienstag fahren wir in die Stadt – 160 km – um Benzin zu holen.
Aber dem Blitz und Donner folgte
der langersehnte Regen, der das Feuer erstmal etwas in Schach hält. Die Leute sind sich hier komplett selbst
überlassen, es kommt keine Feuerwehr, aber alle Nachbarn helfen sich und die
Buschtrommel funktioniert einwandfrei in
so einem Fall. Die Leute hier sehen das gelassen. Es gehört zu ihrem Leben, aber ich bin von dieser Aufregung nun
fix und fertig und gehe ins Bett.
Zwei Tage sind nun um, und trotz
Regen brennt das Feuer immer noch.
Gestern abend haben sich wieder die Nachbarn getroffen und wir hatten
uns darauf eingestellt, dass wir die ganze Nacht Feuer bekämpfen, sind dann
aber doch nach Einbruch der Dunkelheit wieder nach Hause, da es wohl durch die Feuchtigkeit ziemlich eingedämmt ist (3 x 8 km).
Ich
kenne nun hier bald alle Leute.
Heute morgen werde ich wach und
wir haben aufgrund des Sturmes keinen Stron mehr. Kein Strom bedeutet auch kein Telefon, jetzt
können wir nicht mal mehr die Neuigkeiten wegen dem Feuer kommunizieren. Es ist ein Zyklon angekündigt. D. h. es kommt
noch schlimmer.
Es ist schon alles sehr aufregend hier und man ist
wirklich weg und abgeschnitten von der Welt.
Wenn ich hier leben müßte, würde ich den Pub in dem 24-Einwohner Ort
übernehmen und daraus eine Perle für die Gegend und Touristen machen. lol
Das Buschfeuer ist gelöscht, die Herde ist wieder verteilt.
Das letzte mal, dass ich ein Gate von Julia Park schließe.